Walter Kreuz
will / muss sprache laufen, fließen, tönen lassen. Er wurde nach einigen Studienjahren weiser, erwies sich nach Schauspielausbildung jedoch dramaturgisch versierter. Nach einem zweijährigen Zwischenstopp als Filmemacher ist Kreuz seit 1984 KUNSTSCHAFFENDER, AUTOR und AUDIOPERFORMER.
Als Ensemblemitglied verschiedener Theatergruppen durchspielte er die 1980er Jahre – u.a. in Stücken von Frisch, Dürrenmatt (Theater Spielraum Wien) und Shakespeare (Akteurs, Theaterperspektiv). Als Outdoor-Performer baute und bewegte er ein Jahrzehnt später Riesenmarionetten und Hörobjekte durch den öffentlichen Raum.
Als Gründungsmitglied der Gruppe gecko art leitet er seit 1993 gemeinsam mit der Schauspielerin und Sängerin Evelyn Blumenau partizipative Audioprojekte mit Gastauftritten in zahlreichen europäischen Städten und steht in Leseperformances und Live-Hörspielen mit ihr gemeinsam auf der Bühne.
Apropos Bühne: Sprechbühnen betritt Kreuz mit seinen Texten seit 2008 (u.a. im Museumsquartier Wien, in Galerien, Bibliotheken oder auf der Frankfurter Buchmesse). Für Radio und Audioplattformen textet und produziert er seit 2010 Hörspiele, Audiostücke und Radiofeatures – denn: Sprache muss laufen, fließen, tönen. Ob aus dem Kreuz’schen Autorenmund, per Magnetabtastung des Tonbands oder mittels digitaler Ablesung des Audiofiles direkt von Festplatten – ja, jede Verlautung von Sprache öffnet Türen, überwindet Grenzen, lässt aufhorchen, lässt Wechselwirkungen zwischen gesprochenem Wort und gedrucktem Text wahrnehmen.
Walter Kreuz / Werklistenauszug
Was lief, was tönte, was floss? Was ist aktuell, was fließt permanent?
1985 – A Midsummer-Night’s Dream / William Shakespeare (Produktion und Schauspiel)
1988-1989 – Satyricon unter den Gassen (Solostück frei nach Titus Petronius Arbiter)
1989 – The Merry Wives of Windsor / William Shakespeare (Produktion und Schauspiel)
1993 – Freizeit-Denkzeit-Sternzeit (Ausstellungsmodul mit Audio-Objekten, Palais Palffy, Wien)
1994-1998 – Speak up-Sessions und Audioworkshops regional und international
1999-2002 – Partizipative Spracherfindungsprojekte (Wien)
2003-2005 – Partizipative Hörspiel-Brücken, u.a. mit Medienpartnern aus Nigeria
2005-2007 – Audiomodule für die Ausstellung TonAU (Sprecher, Soundmixer und Produzent)
2008 – Karlas Lauf gegen die Raumzeit (Buchpublikation, Edition Roesner)
2009 – Der Spiegelgänger (Live-Hörspiel, DAS SPRECH)
2010 – Start der Projektreihe Krenzwalter (Leseperformances)
2012 – Wie leben (Textpublikation und Leseperformance, DAS SPRECH)
2012 – So etwas wie die Wiege der Welt (Hörspiel, Text und Produktion)
2013 – Wunderbarer Schreck (Radiostück, Text und Produktion)
2013 – In the Line with Earth (Radiostück, Text und Produktion)
2014 – Wunsch. Nach Feind. Plus Bild (Radiostück, Text und Produktion)
2014 – Organion oder Das Ende des Aprils (Buchpublikation, Live-Hörspiel, DAS SPRECH)
2015 – Dies ist die Wiedergabe meines Gesichts (Radiostück, Text und Produktion)
2016 – Dinge in der Hand, die Sachen machen (Radiofeature, Text und Produktion)
2016 – ENGEL 3.0 – dreh dich um und schrei (Live-Hörspiel, Text und Produktion)
2017 – Diese „M“ – überall ist sie, überall spricht sie (Radiofeature, Text und Produktion)
2018 – Sag’s vielen … vielen! (Live-Hörspiel, Text und Produktion)
2018 – Sekundenbruch auf Straße 4 (Buchpublikation, Edition Splitter, Wien)
2019 – (k)EINE ZEIT FÜRS EHRENAMT (Live-Hörspiel, Text und Produktion)
2019 – HIER SPRICHT ZEIT (Live-Hörspiel, Text und Produktion)
2019 – Mahmoud und die Kunst des Kopiergesprächs (Radiofeature, Text und Produktion)
2020 – 2020 – DIE LUFT DIESES SOMMERS (Live-Performance, Text und Produktion)
2020-2022 – art for science on air (Audiofeature-Zyklus, Podcast und Produktion)
2021-2022 – Audioproduktion für APROPOS OBJEKTE (Radiozyklus und Podcast)
2023 – Audioproduktion für future lines (Podcast und Audiovision)
2023 – Audioproduktion für GRAMMATIK DER STILLE (Audiofeature und Audiovisionen)
2024 – Traumbilder eines Grönlandwals (Live-Performance und Kunstbuch-Unikat)
Auszeichnungen (Auswahl)
2002 – Hans Czermak-Preis für das Projekt Out of Babel (gemeinsam mit Evelyn Blumenau, Wien)
2009 – National Winner of the European Podcast Award (Hamburg)
2010 – 13. Radiopreis der Erwachsenenbildung (Wien)
2011 – 14. Radiopreis der Erwachsenenbildung (Wien)
2011 – Nominierung für den Europäischen Civis-Radiopreis (Berlin)
2013 – Nominierung zum 16. Radiopreis der Erwachsenenbildung (Wien)
2014 – Nominierung zum 17. Radiopreis der Erwachsenenbildung (Wien)
2016 – Nominierung zum 19. Radiopreis der Erwachsenenbildung (Wien)
2017 – Nominierung für /// Das glühende Knopfmikro des Berliner Hörspielfestivals (Berlin)
2017 – 20. Radiopreis der Erwachsenenbildung (Sendung Berufswelten, Wien)
2017 – Nominierung zum 20. Radiopreis der Erwachsenenbildung (Sendung Diese „M“, Wien)
2019 – Nominierung für /// Mikroflitzer des Berliner Hörspielfestivals (Berlin)
2020 – 23. Radiopreis der Erwachsenenbildung (Wien)
Walter Kreuz / CODEX KEDUBE – ein Kunstbuch-Unikat / gecko art, Wien 2024
Codex Kedube beinhaltet den Basistext der Lese-Performance TRAUMBILDER EINES GRÖNLANDWALS. Das Buch ist handgebunden, handgeschrieben und enthält Original-Illustrationen aus Tusche, Acryl und Öl. Die zehn Traumbilder der fiktiven Grönlandwal-Unterart KEDUBE sind poetische Zukunfts-Momentaufnahmen eines schöpferischen Zusammenspiels. Kurzer Auszug: „(…) Menschen können – oder können nun wieder – schwach sein, auch wenn sie damit an den Grundfesten der Evolution nagen. (…) Damit oder mit ähnlich verstörenden Aktivitäten hat DAS MENSCHLICHE FESTIVAL begonnen – und beginnt mit jedem Tag aufs Neue“.
Walter Kreuz / Textauszug aus SEKUNDENBRUCH AUF STRASSE 4
edition splitter wien, 2018, ISBN 978-3-9504404-4-7
Nachwort Hermann Knoflacher, Illustrationen Lisa Kröll
(…) Die Menschen auf Straße 4 waren erfüllt, sie waren fast trunken von ihrem Sekundenbruch, ihrem Innehalten, ihrer Pattstellung, ihrer Sinneserhebung, ihrem Warten Warten Warten. Was konnte sie denn aufhalten, wenn es wieder so weit wäre, wenn sie nochmals auf die Straße treten würden? Eine Sondereinheit namens Überwachung der Sinne? Ein Ausreiseverbot in die unendlichen Weiten des Mikrokosmos, weil damit die nationalen Grenzen unterschritten würden? Der Bau einer Mauer rund um alle Objekte im Wahrnehmungsbereich des Individuums? (…)
Walter Kreuz / Textauszug aus ORGANION oder Das Ende des Aprils
DAS SPRECH, 2014, ISBN 978-3-200-03558-4
(…) Hintzen lacht. Er hat gut kullern, er sitzt als einziger obenauf, und zwar auf Wladimir-Wladimirs Schultern. Dieser schwimm-tritt nicht nur die Schwaden des uneigentlichen Ozeans, sondern steht bis zu den Knien im Teich. Quecksilberfarbene Schweißperlen kollern an ihm herab. Im selben Teich, einen Lachssprung entfernt, liegt Dorit-Elisabeth Kowsky mit ihrem Bett vor Anker, an dessen Bug Maja im Sitzen schlummert. Um beide Frauen kreist Kurt mit seinem Rollstuhl-Raddampfer. Sehe im Augenwinkel, wie Mobiltelefontasten gedrückt, wie Displays kleiner schwarzer Dinger angetippt werden, und vermute, dass wir in Bälde von einem Polizeiaufgebot umzingelt sein würden. Ja, es würde einiges zu erklären sein (…)
Walter Kreuz / WIE LEBEN – ohneohn mindestens einmalemal am ta°ag
DAS SPRECH, 2012, BN-SPR 003/P-001/2012
(…) Leben entzaubert, Leben verstört, Leben begehrt auf. Was tun bei der Diagnose Leben? WIE LEBEN, wie niemals auf Null schalten, wie alle Schleusen verriegeln, wie dem All gebieten, in eine unerträgliche Leere zu expandieren, um selbst nicht Gefahr zu laufen, sich zu verringern? Wie Aufbegehren mit Wasserwerfern untergehender Systeme ersäufen? – Nichts, keine Salbe hilft bei der Diagnose Leben, keine Algorithmen, keine erlernbaren Techniken, keine Traditionen, keine Religionen, keine Prinzipien verhindern den Ausbruch von Leben. (…)
Walter Kreuz / Karlas Lauf gegen die Raumzeit
EDITION ROESNER / artesLiteratur, 2008, ISBN 978-3-902300-38-6
Und wir? Ja, wir geben bald nur mehr ein leises Mmm von uns. Jetzt wird meine Geschichte beginnen. Und ich scheide in der Kraftlosigkeit meines Feldes, seelenlos glücklich. Gegen unendlich konvergierend.
Auszug aus dem Vorwort zum Buch von Peter Miniböck:
„Alles oder nichts? Walter Kreuz hat sich für ALLES entschieden: Er nimmt die Sprache an sich und verfährt mit ihr, als ob sie immer schon ihm gehört hätte: Ein Bilderbuch ohne Bilder, nur aus Sprache ‚gemacht‘ …, schon befinden wir uns in einer Tarkowskischen ZONE des Außerordentlichen, nur Sprechbaren, Schreibbaren. […]
Auszüge aus Rezensionen
Kulturwoche.at (zu SEKUNDENBRUCH AUF STRASSE 4)
Nadja Baha: Was ist da los? Auf der Straße, in den Herzen und Köpfen der Menschen
(…) Philosophische Gedanken zur Stadt werden in kleinen Splittern dargeboten. Da heißt es z.B.: „Stadt war Übergangszone. Stadt war Antithese zu Geborgenheit. Städte wären Unfälle der Erdgeschichte. Städte waren Kopfbahnhöfe des Anthropozäns.“ Alles wunderbare Sätze für Graffitis (…)
Literaturhaus (zu SEKUNDENBRUCH AUF STRASSE 4)
Katia Schwingshandl: Absolute Immanenz: Eine poetische Spekulation
(..). Walter Kreuz spielt sein Spiel der Sprache gut, er will und muss schließlich die Sprache laufen, fließen und tönen lassen. Ohne Zweifel ist er selbst auch ein Stehender, Sitzender, Schauender, Tastender und so ist auch diese in der Edition Splitter erschienene Spekulation zu lesen, zu schauen, die Stille darin beinahe zu hören (…)
Straßenzeitung Augustin, Magazin, Ausgabe 2/2018 (zu SEKUNDENBRUCH AUF STRASSE 4)
Reinhold Schachner: Walter Kreuz‘ spekulativer Umgang mit Stadtraum/Tabula rasa in der «Straße 4»
( ..). «Es entstand unter ihnen [den Menschen auf der Straße 4] ein völlig unaufgeregtes Gespür fürs Nichtsein.» Dabei lehnt sich Walter Kreuz sehr weit aus dem Fenster hinaus auf die Straße. Und es lohnt sich allemal, das Risiko einzugehen, ihm zu folgen, denn der poetische Spekulant stürzt weder ins Esoterische noch ins Dystopische ab (...)
Literaturhaus (zu Karlas Lauf gegen die Raumzeit)
(…) Bei Walter Kreuz geht es zu wie in den wildesten Fantasy-Geschichten. Nix is fix, alles ist möglich. Zeit und Raum sind keine Konstanten, ganz im Gegenteil: unsere gewohnte Raumzeit leidet unter akuter Strukturschwäche, was auch zur Folge hat, dass nichts dagegen spricht, wenn zwei Bäume und ein mittelschweres Eisentor ein Geschehen kommentieren, das sich fern von ihnen abspielt. (…)
Sabine Dengscherz
E-Journal (zu Karlas Lauf gegen die Raumzeit)
(…) Mir scheint, dass hier ein Autor die wesentlichen Traditionen der modernen Poesie und Prosa in einer gänzlich neuen und unbefangenen Weise weiterführt, wir haben in der deutschen Sprache ohnehin wenig Hergebrachtes, angefangen von Jean Paul, DADA, Arno Schmidt, der konkreten Dichtung nach 1945, Ernst Jandl, Marc Adrian, Teile der Arbeiten der sogenannten Wiener Dichtergruppe, oder auch des Rezensenten. Ich will auch Marianne Fritz in diesem Zusammenhang erwähnen (…)
Hermann J. Hendrich
Literaturzeitschrift schreibkraft (zu Karlas Lauf gegen die Raumzeit)
(…) Sprache sei „Gedankenwiedergabe in Lauten oder anderen wahrnehmbaren Zeichen”, heißt es. Diese Erläuterung hat sich der Autor zu Herzen genommen. Denn der Text lotet auf das Erfrischendste mit Phonetik und Grafik die verschiedenen Sprachbereiche aus (…)
Sophie Reyer
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Regina Leibetseder-Löw, ORF/Verband Österr. Volkshochschulen, Evelyn Blumenau, gecko art